Annäherung an eine Kunstdefintion

  • (Überarbeiteter Text 2. April 2011)


    Essentielle Eigenschaften des Kunstwerkes
    in aufsteigender Signifikanz:
    ________________________________________________________________________________________________________


    Kunst versus Natur: Kunst ist Gestaltung, ist immer künstlich. Natürliche Gebilde gelten nicht als Kunstwerke. Ausnahme: Ein zufälliges Objekt, natürlich oder gefertigt, wird mit geringfügigen Zusätzen versehen (Halterung, Rahmen u. ä.) und vom anerkannten Künstler als Kunstwerk präsentiert (Objet trouvé).


    Nutzen: Das Kunstwerk hat keinen Gebrauchswert (Oscar Wilde 1890). Eine Ausnahme macht die Architektur. Kunsthandwerk zählt nicht zu dieser Ausnahme. Kunsthandwerk soll wirken. Der Gebrauch ist hier zweitrangig. Industriedesign ist der Kunst verwandt, bildet jedoch eine eigene Kategorie.


    Akzeptanz: Der Künstler macht mit seinen Arbeiten/Hervorbringungen ein Angebot. Die Rezipienten entscheiden über Kunst oder Nichtkunst, auch wenn diese Bestätigung Zeit braucht.


    Breitenwirkung: Große Kunst befriedigt gleichermaßen schlichte Erwartungen wie hohe Ansprüche. Eine Kunst, die nur von Eingeweihten als solche erkannt wird, wird dem Wesen der Kunst nicht gerecht. Nietzsche und mit ihm Thomas Mann nannten diese Sicht des Künstlers auf sein Publikum „doppelte Optik“. Der Künstler richtet sich an die Anspruchsvollen und die Schlichten gleichermaßen.


    Zeitströmungen: Jede Epoche hat ihre eigenen Erwartungen an die Kunst und ihre Definitionen. So wurde z. B. im christlich geprägten Mittelalter nicht scharf unterschieden zwischen Handwerk und Kunst. Sprachliche Relikte sind Kochkunst und Buchkunst (attraktive Typographie und repräsentative Einbände).


    Beständigkeit: Das Kunstwerk übersteht Trends und Moden, bleibt ästhetisch und ideell wertbeständig.


    Der ästhetische Imperativ: Kunst ästhetisiert. Ihr Anliegen ist, Natürliches an Gestaltung zu übertreffen. (Oscar Wilde 1890: "Der Künstler ist der Schöpfer schöner Dinge.") Eine Kunst, die nicht ästhetisiert, bleibt ephemer.


    Wahrhaftigkeit und Moralität: Die Kunst ist der Wahrheit nicht verpflichtet (Nietzsche: „Der schöne Schein“), auch nicht der Ethik. Kunst ist ein unzuverlässiger Ratgeber.


    Innovationszwang: Der Künstler muss einen originären Stil finden, eine eigene Formensprache entwickeln.


    Form und Inhalt: Form und Gestaltung machen einen Inhalt zum Kunstwerk. Die Vermittlung des bloßen Inhalts ist noch kein Kunst-Ereignis, sondern Sache der Wissenschaft, Reportage, Information, Dokumentation. Und doch sind Theamtik und Gehalt der Impetus, ein Kunstwerkzu schaffen, in Literatur und in der gegenständlichen bildenen kunst. (Siehe unten: Kunstwerk oder Kunststück)


    Ambiguität: Die Kunst akzentuiert Widersprüche, vergleichbar der rhetorischen Figur des Oxymoron. „Zweideutigkeit als System“ (Thomas Mann 1947) ist der Wesenszug großer Kunst. Plakative Aussagen in bildender Kunst oder Dichtung (Literatur) sind ohne Kunstreiz. Mit anderen Worten: Ohne zwiespältige Emotionen keine Kunstwirkung. Kitsch, das Gegenteil von Kunst, ist immer eindeutig, nicht hinterfragbar. Er wiederholt tradierte natürliche Motive (keine abstrakten Themen) auf minderem Niveau. Kitsch bestätigt gemütvoll das bis zum Überdruss Bekannte.




    Vorschlag einer Kunstdefinition


    Kunst ästhetisiert die Antinomien des Lebens, ohne sie aufzulösen. Sie ist geniale Objektivität.




    Was macht den Künstler zum Künstler?

    Antrieb des Künstlers ist die Freude am Gestalten, der kreative Impetus. Zur handwerklichen Meisterschaft kommt, die individuelle, hochpersönliche Art der Formgebung hinzu, die unbeirrt durchgehalten wird. Sie muss für einen hinreichend großen Kreis von Rezipienten ästhetisch konsensfähig sein. Ruhmbedürftigkeit, die den Künstler zu Höchstleistungen treibt, ist ein fördernder Stimulus.

    Zum Naturell des Künstlers

    Zum Wesen des Künstlers gehört Wagemut. Doch Wagemut ist noch keine Kreativität. Und ein weiterer Gedanke: Der Betrachter von Gegenwartskunst soll sich immer bewusst sein, dass der Vollblutkünstler der geistige Bruder des Gauklers ist. Nietzsche meinte: „Was ist der Künstler? Ein Hanswurst“. Thomas Mann lässt den Teufel in seinem Roman „Doktor Faustus“ sagen: „Der Künstler ist der Bruder des Verbrechers und des Verrückten“ (Kapitel XXV). So beeindruckend das Charisma eines Künstlers auch sein mag: Der Künstler ist in der Lage, Scharlatanerie und Ehrfurcht vor der Kunst miteinander zu verbinden (Thomas Mann: Das Wunderkind. Novelle.1903). Fünfzig Jahre später bekräftigt Thomas Mann diese Position: „Denn man weiß ganz genau, daß der Künstler kein moralisches Wesen ist, daß sein Grundtrieb das Spiel ist und nicht die Tugend, ja daß er sich in aller Naivität herausnimmt, mit den Fragestellungen und Antinomien der Moral auch nur dialektisch zu spielen.“ ["Der Künstler und die Gesellschaft" 1953].

    Diese Eigenschaften setzen den Künstler nicht herab. Sie wertet Künstler und Kunstbegriff auf und rechtfertigen die Freiheit der Kunst.

    Kunst versus Dekoration

    Für die bildende Kunst kommt man nicht umhin, sich zu fragen, ob, wenn sie auf Inhalt verzichtet, wie z. B. Werke mit dem Titel „Ohne Titel“, ob diese Arbeiten nicht im Dekorativen stecken bleiben, - selbst wenn sie von Sammlern, auch vom Verfasser dieses Beitrags Museumskuratoren und Kritikern als Kunst gewertet werden. Dekoratives hervorzubringen ist kreativ, aber noch keine künstlerische Leistung.

    Kunstwerk oder Kunststück

    Denn der innere Gehalt des bearbeiteten Gegenstandes ist der Anfang und das Ende der Kunst. Man wird zwar nicht leugnen, daß das Genie, das ausgebildete Kunsttalent, durch Behandlung aus allem alles machen und den widerspenstigsten Stoff bezwingen könne. Genau besehen, entsteht aber alsdann immer mehr ein Kunststück als ein Kunstwerk. (Dichtung und Wahrheit, zweiter Teil, siebentes Buch)

    Innerer Gehalt kann Tragik bedeuten, die Ahnung großer Zusammenhänge (etwa in der Lyrik) oder die hintergründige Ambiguität von Tragik und Komik. Thomas Mann hatte angemerkt, dass Tragödie und Posse aus ein und derselben Wurzel kommen. Eine Beleuchtungsdrehung verwandelt die eine in die andere; die Posse ist ein geheimes Trauerspiel, die Tragödie – zuletzt – ein sublimer Jux. (Leiden und Größe Richard Wagners 1933)

    Kunst versus Wissenschaft

    Kreativ sind beide. Die Wissenschaft schafft Wissen, das sich durch Überprüfung bestätigen lässt (z. B. im Experiment) oder das Voraussagen zulässt (Naturgesetze). Die Kunst sucht Wirkung, emotionale Wirkung. Faktisches und Wahrheitsgehalt sind in der Kunst zweitrangig.

    Kunst ist das Gegenteil von Wissenschaft. Wissenschaft fordert höchste Objektivität, Kunst dagegen meint höchste Subjektivität. Sie ist Bekenntnis.

    Wissenschaft will zuverlässig sein. Kunst spielt mit Formen und Motiven, ernst, erhaben, humorvoll oder schaurig. Künstlerische Ironie zeigt zugleich die Kehrseite, dabei häufig offen lassend, welches denn die Kehrseite ist. So kann Kunst in Heiterkeit hintergründigen Ernst oder gar Grauen durchscheinen lassen und in ernsten Sujets kalkulierte Komik. Derartige emotionale Dissonanzen potenzieren Kunstwirkung. Kitsch - Nichtkunst par excellence - ist plakativ und eindeutig. Er evoziert keine Spannung.

    Der anthropologische Aspekt

    Kunst wird in der Menschheitsentwicklung erstmals im Aurignacien sichtbar, vor ca. 40.000 Jahren. In diese archäologische Kulturepoche fällt die Einwanderung des Homo sapiens in Europa. Mit ihm tritt ein neuer Menschtypus auf, der über Abstraktionsvermögen verfügt. Der angestammte Mensch, auf den der Einwanderer traf, der Neandertaler, besaß diese zerebrale Fähigkeit nicht. Abstraktionsvermögen des modernen Menschen schuf aus dem bis dahin vorhandenen Vokabular die Sprache und ließ Kunst entstehen. Erst ca. 30.000 Jahre später, nach Entdeckung des Kalenders (Voraussetzung für Ackerbau und Viehzucht), setzte die technologische Entwicklung ein.

    "Trau deinen Augen" (Otto Dix)

    Einmal editiert, zuletzt von H.-P.Haack ()

  • Hallo finsbury!
    Hallo donna!


    Bei Google findet sich unter ´Kunstdefinition´:


    "Eines vorweg - Es gibt keine einheitliche Definition für Kunst." Stimmt das? Macht man es sich damit nicht zu leicht?


    Ich habe neun Merkmale der Kunst aufgezählt, die ich mir im Verlauf der Jahre zusammengesucht habe. Ein weiteres Merkmal des Kunstwerkes dürfte seine anhaltende (ästhetische, ideelle) Wertschätzung durch die Kunstadressaten sein.


    H.-P.Haack

    "Trau deinen Augen" (Otto Dix)

  • Hallo zusammen!


    Es steht zu vermuten, dass, da dies hier ein Forum ist, in dem diskutiert wird, H.-P.Haack seine "Annäherungen an eine Kunstdefinition" hier gepostet hat, auf dass darüber diskutiert werde. :zwinker:


    Da dies sehr zeitintensiv sein würde, wird es mir persönlich wohl aber kaum möglich sein ... :sauer:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Rechtfertigung meines Beitrages „Kunstdefinition“.


    Habe 10 Eigenschaften / Wesenzüge der Kunst genannt, die – so meine ich - alle zutreffen. Wollte im Internet eine Kunstdefinition vorstellen. Der Beitrag ist bei Google unter dem Suchbegriff „Kunstdefinition“ aufrufbar.


    Denke, dass die 10 Kunstkriterien eine brauchbare Orientierung sind. Treffen sie alle zu, dürfte man es mit Kunst zu tun haben. Wenn ein Kunstschaffender Hervorbringungen, die diesen Kriterien nicht entsprechen, als Kunst deklariert, bedarf es viel Charisma und Überzeugungskaft des Künstlers. J. Beuys z.B. hatte dieses Charisma.


    H.-P. Haack

    "Trau deinen Augen" (Otto Dix)

  • Hallo,


    Es steht zu vermuten, dass, da dies hier ein Forum ist, in dem diskutiert wird, H.-P.Haack seine "Annäherungen an eine Kunstdefinition" hier gepostet hat, auf dass darüber diskutiert werde. :zwinker:


    Danke Sandhofer, wäre nie darauf gekommen. :zwinker: Trotzdem waren die nachträglichen Beiträge von H.-P.Haack erläuternder. :breitgrins:
    liebe Grüsse
    donna


  • Eine Kunst, die nur von Eingeweihten als solche erkannt wird, wird dem Wesen der Kunst nicht gerecht.


    hallo Haack,
    hallo zusammen,


    dieser Definition nach, war auf der letzten documenta dann aber keine Kunst ausgestellt. jedenfalls bin ich der Ansicht, dass wären die dort ausgestellten werke nicht in einem Kunstraum ausgestellt gewesen, wäre das meiste von Nichteingeweihten auch nicht als Kunst erkannt worden.
    ??


    Gruß

  • Hallo montaigne,


    danke für Deine Stellungnahme. Ich denke mir, mitunter braucht es Zeit, bis die Kunstadressaten sich an eine neue Formensprache gewöhnt haben. Van Gogh ist zu Lebzeiten nicht verstanden worden, nur sein Bruder hat unerschütterlich an ihn geglaubt. Ein Bild nur soll er zu Lebzeiten verkauft haben. Und das habe eine Künstlerin erworben.


    Thomas Mann hat von sich ganz unverblümt gesprochen, er wolle - um der Breitenwirkung willen - unter seinen Lesern auch die "Dummen", man hält es nicht für möglich! "Doppelte Optik" hat er diese Strategie genannt. Bei ihm sollten die Schlichten ebenso auf ihre Kosten kommen wie die Wählerischen und Anspruchsvollen. Vielleicht - oder sehr wahrscheinlich ist der der Vollblutkünstler, der so gerissen verfährt.


    Es kommt noch ein anderer Aspekt hinzu. Alle erreicht kaum ein Künstler. Er muss nur eine hinlänglich große Zahl von Befürwortern [und Käufern!] finden.


    Letzte Instanz für die Entscheidung Kunst / Nichtkunst sind die Rezipienten, genauer gesagt, die Sammler. Nicht alles, was sich verkaufen lässt, hat hohe Qualität. Aber Museen kaufen keine Kunstwerke, für die sich auf dem Kunstmarkt niemand interessiert. Auch das Urteil der Kunstjournalisten ist stark vom Kunstmarkt beeinflusst. Es geht ja auch gar nicht anders.


    Alle guten Grüße
    H.-P.Haack

    "Trau deinen Augen" (Otto Dix)


  • Letzte Instanz für die Entscheidung Kunst / Nichtkunst sind die Rezipienten, genauer gesagt, die Sammler.


    Hallo H.-P.


    Danke für deine Antwort, aber es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass die Sammler über Kunst oder Nichtkunst entscheiden. Das würde ja heißen, was sich verkaufen läßt ist Kunst, was keinen Sammler interessiert ist keine Kunst?


    Viele Grüße

  • Hallo montaigne,


    doch - so ist es. Wer bereit ist, für Kunst Geld auszugeben, hat auch ein Gespür für Kunst. Wem Kunst nichts bedeutet, kauft sich etwas anderes oder macht kostspielige Reisen oder legt sein Geld an oder ... , jedenfalls geht er nicht das Risiko ein, für etwas Geld auszugeben, was möglicherweise nichts wert ist oder zu teuer angeboten wird.

    Die typische Sammlerkarriere beginnt vor dem zwanzigsten Lebensjahr. In der Regel kann da nur Preiswertes erworben werden. Aber ab dieser Zeit schärfen sich Blick und Kunstinsinkt mehr und mehr.


    Es gibt berühmte Sammler, die z. T. eigene Museen hinterlassen. Sie sind zu Lebzeiten bereits Instanzen, die von Künstlern und Kunstjournalisten sehr ernst genommen werden. Der Ankauf von einem renommierten Sammler ist für einen noch nicht etablierten Künstler so etwas wie ein Ritterschlag.


    H.-P. Haack

    "Trau deinen Augen" (Otto Dix)

  • Hallo H.-P. Haack,


    Zitat

    doch - so ist es. Wer bereit ist, für Kunst Geld auszugeben, hat auch ein Gespür für Kunst.


    ...oder ein Gespür fürs Geschäft.
    Es ist ein Geldanlegen wie ein anderes, leider.


    Zitat

    Es gibt berühmte Sammler, die z. T. eigene Museen hinterlassen. Sie sind zu Lebzeiten bereits Instanzen, die von Künstlern und Kunstjournalisten sehr ernst genommen werden. Der Ankauf von einem renommierten Sammler ist für einen noch nicht etablierten Künstler so etwas wie ein Ritterschlag.


    Das stimmt schon, nehmen wir als Beispiel Guggenheim. Was Guggenheim als rezente Kunst zu bieten hat, hinterlässt bei mir aber nur eine verzweifelte Unfassbarkeit und die Frage: Ist es Kunst (l'art pour l'art) oder hat sich das Beuys'sche Sich-Verkaufen-Können-Talent (das einzige Talent, das ich diesem Mann zugestehe) ausgebreitet?


    Kunst muss mich überraschen, fesseln, erstaunen, zum Nachdenken, Schmunzeln oder auch zum Ärgern anregen, was mir bei den zeitgenössischen "Künstlern" äusserst selten passiert.


    liebe Grüsse
    donna

  • Hallo donna,


    stimme in allem zu, auch Deinen Erwartungen an die Kunst.


    Kunst muss gefallen! Nicht jeder Künstler gefällt jedem Kunstlliebhaber. Mich spricht auch nicht alles an, was als Kunst deklariert wird.


    Die Kunst soll auch Unterhaltungswert haben, anspruchsvollen und gehobenen Unterhaltungswert. Den bekommt sie, wenn sie den Betrachter, Hörer oder Leser auch emotional packt. Packend wird die Kunst, wenn sie zweispältige Emotionen auslöst, z. B. man nicht weiß, ob man lachen soll und gleichzeitig mit den Tränen zu kämpfen hat. So etwas vermag nur die Kunst. Der Kitsch überrascht nicht. Beim Kitsch weiß man gleich, woran man ist. Kitsch ist "allerliebst", "goldig" - weil er Bekanntes bringt. Kitsch erschüttert nicht.


    Noch ein Wort zum Sammeln: Sammeln bedeutet auswählen, aussuchen, nicht anhäufen, ganz gleich, was man sammelt. Sammler - von Briefmarken oder irgendwelchen Raritäten - werden zu Kennern auf ihrem Sammelgebiet. Das zur Ehrenrettung der Sammler. Sie ermöglichen übrigens erst die Kunst. Von den Museumsankäufen kann kein Künstler existieren.


    Freue mich über die Diskussion!


    H.-P.Haack

    "Trau deinen Augen" (Otto Dix)


  • Hallo montaigne,


    doch - so ist es.


    Hallo H.-P.


    wenn es so ist, dass Sammler bestimmen, was Kunst ist, dann waren die Gemälde van Goghs zu seiner Lebenszeit keine Kunst, da aber sein Bruder Theo auch nach seinem Tod sich für sein Werk einsetzte, zählen sie heute zur ganz großen Kunst. Hätte er aber keinen Bruder gehabt, wäre sein Werk vermutlich nicht zur Kunst geworden? :breitgrins:


    Grüße

  • Hallo montaigne,


    van Gogh hatte ich als Beispiel dafür gebracht, das die Kunstadressaten sich mitunter an eine neue Formensprache erst gewöhnen müssen.


    Ich werde mich nun an eine Spruchweisheit aus dem W.-Ö. Divan halten:


    Laß dich nur zu keiner Zeit
    Zum Widerspruch verleiten.
    Weise fallen in Unwissenheit,
    Wenn sie mit Unwissenden streiten.


    Alle guten Grüße


    H.-P. Haack

    "Trau deinen Augen" (Otto Dix)

  • Hallo H.P.


    deine van Gogh Erwähnung hatte ich durchaus verstanden und mein Beitrag steht dem ja nicht entgegen und wenn ich Sandhofer richtig verstanden habe, sollte hier durchaus über deinen Beitrag diskutiert werden. Da das nun aber ein Literaturforum ist, hatte ich nicht erwartet, dass nur Kunstexperten mitdiskutieren dürfen. Entschuldige also meinen Beitrag eines Unwissenden.

  • Trotz Goethes Donnerworte muss ich mich einmal hierüber versuchen. Im Allgemeinen stimme ich den meisten der 10 Thesen zu, wenn auch nicht uneingeschränkt, denn die Frage "Was ist Kunst?" wird in jeder Akademie mit Stirnrunzeln und verdrehten Augen beantwortet und endet dann in endlosen Diskussionen, zu subjektiv sind die Auffassungen. Ich mache mir auch schon viele Gedanken über diese Frage, habe es aber zu keinen Thesen gebracht. Wenn ich bedenke, dass Nietzsche selbst nach lebenslänglichen Denken und Schreiben diese Frage nicht letztendlich für sich beantworten konnte, so bin ich überzeugt, diese Frage für mich selbst nicht endgültig auf den Grund zu gehen. Beim folgenden Zitatauszug




    * Das Kunstwerk hat ideellen Wert, keinen Gebrauchswert. Eine Ausnahme macht die Architektur. Kunsthandwerk zählt nicht zu dieser Ausnahme. Kunsthandwerk soll wirken. Der Gebrauch ist hier zweitrangig. Industriedesign ist der Kunst verwandt, bildet jedoch eine eigene Kategorie.


    Die Architektur als Kunstwerk oder Kunstwerke hervorbringende Disziplin gelten zu lassen, damit tue ich mich sehr sehr schwer, besonders in heutiger Zeit. Als längerjähriger Bauleiter habe ich zu viel archtektonisch Gestaltetes gesehen, das für mich keinen Kunstbezug hat und Kunst sogar bewusst ablehnte. Vielleicht wurde dies vom Bauhaus eingeleitet... Architektur verkommt zusehends zu reinem Gebrauchswert, ob es nun ein Supermarkt, eine Tiefgarage oder eine Industriehalle ist. Das war früher vielleicht anders, eignet sich aber nicht zu einer allgemeinen These. Das Industriedesign der Kunst verwandt ist und eine eigene Kategorie, würde ich dann wieder gelten lassen. Das beim Kunsthandwerk der Gebrauch zweitrangig ist, sehe ich anders. War es nicht so, dass Gebrauchsgegenstände verschönert wurden? Hat man den Krug getöpfert, damit er mit Bemalung versehen werden konnte, oder eher die Bemalung aufgetragen, damit der Topf, den man zum Wasserholen brauchte, schöner aussah (Annahme für diese Aussage: Töpfern=Kunsthandwerk)?


    Grüße, FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

    Einmal editiert, zuletzt von Friedrich-Arthur ()