Hallo zusammen!
Da ich mich ja mal provisorisch für die Leserunde zu The Last Days of Pompeii angemeldet habe und ich nie gerne nur ein Werk kenne von einem Autor, wenn ich weiss, dass er Dutzende geschrieben hat, habe ich mir neben The Last Days of Pompeii noch zwei andere Werke antiquarisch besorgt von Bulwer-Lytton (es gibt ihn offenbar mit und ohne Bindestrich - wenn ich es richtig sehe, ist "Bulwer" sein 'bürgerlicher' Name, "Lytton" gehört zu seinem Adelsprädikat). Es handelt sich um The Coming Race und What will he do with it? - beide in deutscher Übersetzung.
Zwei Gründe gab es für diese Wahl: Zum einen verteilte sich das Geschehen der drei Romane nun schön auf Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft. Zum andern: Es ist What will he do with it? in meiner Ausgabe von Arno Schmidt übersetzt, der ja auch 2 oder 3 Nachtprogramme zu Bulwer geschrieben hat und mich als erster auf ihn aufmerksam machte; ich lese in lockerer Folge immer wieder mal sog. 'utopische' Romane und The Coming Race kannte ich noch nicht. (Wie überhaupt Bulwer in der heutigen Rezeption offenbar fast nur noch auf The Last Days of Pompeii engeschränkt wird.)
The Coming Race
Meine Übersetzung, interessanterweise bei einem anthroposophischen Verlag erschienen, stammt aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Leider gekürzt, in der Eile war nix Gescheiteres zu finden ... Bulwer nimmt eine interessante Zwischenposition ein. Einerseits ist die Kritik an der existierenden (US-amerikanischen!) Gesellschaft sehr pointiert, andererseits sieht er die in der Rasse der Vrilya vorgezeichnete zukünftige Entwicklung nicht gerade positiv. Bulwer bildet so zeitlich wie 'ideologisch' eine Brücke zwischen Morus, Campanella oder Bacon einerseits, Wells, Huxley oder Orwell andererseits. Vor allem hat er eines ganz klar gesehen: Die Konsequenz der Verwirklichung einer perfekten Utopie wäre - Stagnation auf allen Gebieten.
What will he do with it?
Mein Kindler vergleicht diesen Roman Bulwers mit den entsprechenden Werken von Collins oder Dickens. Ich bin noch nicht fertig damit (ersta auf S. 150 von weit über 1000!), weiss auch nicht, wieviel von der Qualität des Romans wir seinem Übersetzer Schmidt zu verdanken haben, aber Bulwer hält diesem Vergleich durchaus stand. Er schreibt ohne die mir z.T. widerwärtige larmoyante Sentimentalität eines Dickens. Immer liegt ein ironisches Zwinkern in seinen Augen. Dennoch, da ich im grossen und ganzen auch Dickens sehr gut mag, wage ich zu behaupten: Wer Dickens mag, sollte auch dieses Werk mögen.
Grüsse
Sandhofer